Ithaka Institut

Rückblick 2011 - Jahresbericht

Das Forschungsjahr 2011 hat uns im Weinbau und im Klimafarming viele kleine und einige große Schritte vorangebracht. Das größte Projekt war die Herstellung von Terra Preta ähnlichen Substraten zur Reaktivierung von ausgezehrten Weinbergsböden. Europaweit haben wir Versuche mit organischen Pflanzenkohlesubstraten angelegt. Aber den bedeutendsten Forschritt im Jahr 2011 war die immer intensivere Vernetzung mit anderen Forschergruppen in der Schweiz, in Deutschland und in Frankreich.

Ökologischer Weinbau

  1. Es wurde ein europäischer Netzwerk-Versuch mit Terra Preta ähnlichen Bodensubstraten aufgebaut. Auf jeweils einem Hektar wurden in Südspanien, Katalonien, Südfrankreich, Sizilien, Schweiz und an der Mosel jeweils mit den gleichen Substraten Bodenfruchtbarkeitsversuche angelegt. Der Versuch ist auf 5 Jahre angelegt. Die ersten Ergebnisse wurden unter folgendem Link veröffentlicht: http://www.ithaka-journal.net/pflanzenkohle-im-europaischen-weinbau-ergebnisse-2011
  2. Die vom Delinat-Institut entwickelten Saatmischungen für Weinbergsbegrünungen wurden weiter optimiert. Zahlreiche Versuche wurden sowohl am Institutsstandort als auch auf mehr als 20 Standorten in Europa angelegt, begleitet und ausgewertet. Es wurden verschiedene Saatmischungen für verschiedene europäischen Klimazonen zusammengestellt. Ein Hauptaugenmerk wurde auf die Entwicklung einer neuen Wintergründüngung gelegt, die im Herbst bereits auf hunderten Hektaren ausgebracht wurden. Insgesamt wurden über 10 Tonnen der Delinat-Saaten in den europäischen Weinbaugebieten eingesetzt. Veröffentlichungen der Resultate: http://www.ithaka-journal.net/winterbegrunung-im-weinbau, http://www.ithaka-journal.net/begrunung-im-weinbau-neueste-resultate
  3. Die Forschungsarbeiten zur Ökosystemstabilisierung durch Erhöhung der Biodiversität wurden fortgesetzt. Am Standort des Institutes wurden mehr als 100 Bäume sowie weitere Hecken in und um den Weinberg gepflanzt. Neue Hotspots, Strukturelemente und Blühstreifen wurden angelegt. Der Erfolg der Maßnahmen wurde durch qualitative Nützlingserfassung und Pflanzengesundheit evaluiert. Auf den Weinbergen des Delinat-Beratungsnetzwerks wurde die Umsetzung der Delinat-Charta für Biodiversität vorangebracht und die Implementierung der dort empfohlenen Maßnahmen begleitet. Die Umsetzung der Delinat-Richtlinien zur Erhöhung der Biodiversität wurde durch intensive Beratungstätigkeiten flankiert. So wurden hunderte Hotspots auf den Delinat-Gütern angelegt, Bäume und Hecken gepflanzt sowie der Anteil der begrünten Flächen deutlich erhöht. Resultate: http://www.ithaka-journal.net/lebensraumvielfalt-im-weinbau, http://www.delinat-blog.com/der-ganze-weinberg-ein-einziger-hotspot/
  4. Es wurden eine Reihe von Pflanzenschutzversuchen zur Reduktion der Kupfer- und Schwefelmengen sowohl am Standort des Institutes (Kräuterauszüge, Komposttees, Molke, Karbonate) als auch auf den Weinbergen des Delinat-Netzwerkes durchgeführt. Die Resultate sind in die vom Delinat-Institut veröffentlichten Pflanzenschutzmerkblätter eingeflossen: http://www.dc.delinat-institut.org/doc/deutsch/peronospora-v3.pdf, http://www.dc.delinat-institut.org/doc/deutsch/oidium-v3.pdf      
  5. Zur Stabilisierung der Bodenfruchtbarkeit in Kombination mit Begrünungssystemen wurden verschiedene Bodenbedeckungsarten und gezielte Bewässerung im Kontext des extrem trockenen Jahrgangs 2011 untersucht. Dabei wurden wichtige Erkenntnisse für die Versuchskampagne 2012 gewonnen, wo dieses Projekt zu einem der Hauptprojekte ausgebaut werden wird. Zusammenfassung der Voruntersuchung: http://www.ithaka-journal.net/bodenbedeckung-im-weinbau
  6. Das 2010 mit ProSpecieRara begonnene Projekt zur Rettung und Wiedereinführung des Weinbergpfirsichs konnte 2011 mit großem Erfolg abgeschlossen werden (http://www.ithaka-journal.net/aussaat-von-weinbergspfirsichen-fur-die-schweizer-winzer). Weit über 100 Winzer aus der gesamten Schweiz erhielten 2 am DI herangezogene Weinbergpfirsiche und pflanzten sie in ihre Reben. Über 80 verschiedene Weinbergpfirsicharten konnten repertorisiert werden und sind fortan im Fachhandel erhältlich. Die kantonalen Landwirtschaftsämter des Wallis, der Waadt und Genfs beteiligten sich aktiv an der Verteilung der Jungbäume.
  7. In Zusammenarbeit mit der ACW Conthey wurden am Standort des DI alle 120 repertorisierten Sanddornsorten der Schweiz mit je 2 Exemplaren im Weinberg gepflanzt und auf diese Weise als schweizerische Sortenbank erhalten.
  8. Anlage einer Sammlung von indigenen Wildkräutern aus Walliser Weinbergen

 

Weinbauberatung

  1. Für die Firma Delinat wurde ein Beratungssystem aufgebaut, über das mehr als 80 Weingüter beraten und über Seminare in Italien, Spanien und Frankreich weitergebildet wurden. 2011 gelang es erstmals zwei Güter, die höchste Qualitätsstufe 3D zu erlangen. Acht Güter erlangten die Qualitätsstufe 2D, die anderen 1D. Nur ein Gut konnte die hohen Anforderungen letztlich nicht erfüllen.
  2. Die Delinat-Richtlinien wurden überarbeitet und noch stärker auf den Schutz der Biodiversität und des Klimas ausgerichtet. Der WWF zeichnete die vom Delinat-Institut erstellten Delinat-Richtlinien als das empfehlungswürdigste Nachhaltigkeitslabel im Nahrungsmittelbereich aus. Das Delinat-Institut koordiniert die Zertifizierung durch unabhängige, staatlich überwachte Kontrollstellen.
  3. Es wurde ein Weinbau-Forschungsnetzwerk errichtet, über das Ringversuche im Bereich Weinbergsbegrünung, Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität durchgeführt werden. Teil des Netzwerkes sind jeweils ein Gut in Valencia (Sp), in der Provence (Fr) und auf Sizilien (It)

 

Klimafarming

  1. In einem Gemeinschaftsprojekt mit der Universität Gießen (D) wurde ein Versuch zur Reduktion von Treibhausgasen bei der Kompostproduktion durchgeführt. Gleichzeitig wurde die Nährstoffbindung untersucht und Bodensubstrate zur Ersetzung von klimaschädlichen Torfsubstraten hergestellt. Die Veröffentlichung der Ergebnisse ist für 2012 in Form von zwei „peer-review“ Artikeln geplant, und waren bereits Gegenstand zahlreichern Vorträge im In- und Ausland.
  2. Das Delinat-Institut hat 2011 mehrere Unternehmen im Bereich der Pflanzenkohle-Produktion beraten und mehrere Produkte auf Basis von Pflanzenkohle entwickelt. Neben Erdsubstraten (Terra Preta) gehören insbesondere Karbon Dünger und Karbon Futter zu den Produkten, die mittlerweile mit erfolg von Firmen wie Carbon Terra, Swiss Biochar oder EM-Schweiz vertrieben werden.
  3. Es wurden Saatgutpellets entwickelt, bei denen Saatkörner maschinell in eine Mischung von Lehm-Kompost-Pflanzenkohle-Vinasse eingebunden werden, um eine verbesserte Anzucht bei Direktsaat zu erreichen. Die Produkte wurden in Topf- und Feldversuchen getestet. Das Projekt wird 2012 mit professionellen Partnern aus der Saatgutbranche weitergeführt.   
  4. Das Delinat-Institut hat beim Bundesamt für Landwirtschaft eine provisorische Bewilligung für den Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft erwirken können. Im Auftrag des Bundesamtes für Landwirtschaft erstellt das Delinat-Institut seither die Autorisierung für den Einsatz von Pflanzenkohle und betreut wissenschaftlich den Einsatz in der Praxis.
  5. In einem Gemeinschaftsprojekt mit der Bundes-Forschungsanstalt für Landwirtschaft ART wurde die PAK-Belastungen von Pflanzenkohlen untersucht und eine Methodik zu deren Quantifizierung entwickelt. Die Ergebnisse wurden Anfang 2012 veröffentlicht: http://www.biochar-international.org/node/3197
  6. Es wurden Feldversuche im Garten- und Feldbau mit aktivierten Pflanzenkohlen sowohl am Instituts-Standort als auch bei mehreren Bauern in Norddeutschland durchgeführt.
  7. Es wurde eine Kleingartenversuch mit 125 Kleingärtnern über den Einsatz von Pflanzenkohle-Kompost organisiert. Die Resultate werden 2012 veröffentlich und waren Teil einiger Vorträge.

 

Wissenschaftliche Kooperationen, Projektförderung, Preise

  1. Die Pflege von intensiven Forschungspartnerschaften mit Universitäten und anderen Instituten gehört zu den grundlegenden Arbeitsprinzipien des Delinat-Instituts. Die wichtigsten Forschungspartner des Jahres 2011 waren die Universität Zürich, das Agroscope ART und die Universität Gießen, mit denen jeweils in mehreren Projekten gemeinsame Forschungsarbeit geleistet wurde.
  2. Mit der Universität Gießen (Claudia Kammann) wurde ein Projekt zur organischen Aktivierung von Pflanzenkohle durch Kompostierung durchgeführt. Dabei wurden erstmals umfassende Messungen anfallender Stickstoffverluste und Treibhausgasemissionen durchgeführt. Die im Projekt erzeugten Erdsubstrate wurden anschließen für Ringversuche in Deutschland und der Schweiz eingesetzt. So wurden die Substrate von mehr als 10 unterschiedlichen Instituten in Feld- und Topfversuchen eingesetzt. Ein anschließendes Projekt mit der Universität Gießen beschäftigt sich mit der Entwicklung von Karbondüngern, durch die die Nährstoffverluste bei der Düngung deutlich gesenkt werden könnten. Untersucht werden die Nährstoffeffizienz, die Nährstoffauswaschung und die Nährstoffausgasung bei der Verwendung verschiedener  Karbondünger. Für letzteres Projekt erhielt das Delinat-Institut ein Forschungsmandat der belgischen Firma Carbon Terra.
  3. Mit dem Agroscope ART sind 2011 mit mehreren Arbeitsgruppen Kooperationen aufgebaut worden. Das wichtigste und mit Abstand aufwändigste Projekt ist die Quantifizierung von PAK-Belastungen in Pflanzenkohlen sowie die Untersuchung der Entstehungsursachen im Pyrolyseprozess (Arbeitsgruppe von Thomas Bucheli). Es wurden insgesamt über 70 verschiedene Pflanzenkohlen verschiedener Herstellungsprozesse und Biomassen untersucht. Parallel dazu wurde ein Pflanzenkohle-Archiv aufgebaut, wobei die oben erwähnten Pflanzenkohlen umfassend charakterisiert wurden (Arbeitsgruppe Jens Leifeld). Diese Daten waren wiederum Grundlage für die Ausarbeitung des Europäischen Pflanzenkohle Zertifikates (http://www.ithaka-journal.net/europaisches-pflanzenkohle-zertifikat).
  4. Mit der Agroscope-Arbeitsgruppe von Jochen Meier, der Berner Hochschule (SHL, Thomas Kupper)  und der Universität Zürich (Samuel Abiven) wurde ein Projekt zur Reduktion der Ammoniakverluste von Hofdüngern (Mist, Gülle) durch den gezielten Einsatz von Pflanzenkohle begonnen. Dazu wurde Ende 2011 gemeinsam mit 3 Industriepartnern ein KTI-Projekt eingereicht. Aufgrund des begrenzten KTI-Budgetvolumens wurde das Projekt jedoch nicht von den Geldgebern evaluiert und auf einen späteren Antragstermin verschoben. Basis des Hofdüngerprojektes ist die Einreichung eines Patents für Güllefilter auf Basis von Pflanzenkohle, welchen das Delinat-Institut in einem Forschungsauftrag der Delinat AG entwickelt hat.
  5. Mit der Universität Zürich wurde die Zusammenarbeit zur Charakterisierung von Pflanzenkohlen fortgesetzt. Es wird an einem Schnelltestverfahren von Pflanzenkohlen gearbeitet, welches u.a. Gegenstand des SmartCity-Projektes ist, an welchem das Delinat-Institut und die Universität Zürich unter Leitung der Hochschule Fribourg teilnehmen. Im Mai wurde am Delinat-Institut gemeinsam mit Prof. Michael Schmidt ein Block-Seminar über Bodenerosion durchgeführt. Ein 2012 beginnendes Projekt zur Stabilität von Pflanzenkohle in europäischen Weinbergsböden mit isotopisch markierten Pflanzenkohlen wurde vorbereitet.  
  6. Am 2010 von DI und Universität Zürich gegründeten Biochar Science Network Switzerland nehmen unterdessen Forscher von 15 Universitäten und Hochschulen teil. Eine zweite Tagung wurde im Herbst in Zürich durchgeführt (www.biochar-science.net).  
  7. Im Januar 2011 wurde gemeinsam mit 12 Projektpartnern aus 7 Ländern ein EU-Projekt zur Reduktion von Nährstoffverlusten in der Landwirtschaft eingereicht. Das Projekt kam allerdings nicht in die Endauswahl.
  8. Im Sommer 2011 erhielt das DI vom WWF-Schweiz den Auftrag, eine Konzeptstudie für die Schweizerische Bundesbahn auszuarbeiten, um Perspektiven für eine Energieautonome, klimaneutrale Bundesbahn mit hoher Biodiversität an Gleisrandzonen zu entwickeln. Die Zwischenergebnisse wurde SBB und WWF im Dezember präsentiert. Die Endfassung der Studie wird im Mai 2012 eingereicht.
  9. In Deutschland wurde gemeinsam mit der Universität Halle und der Firma Pyreg ein Forschungsantrag beim Bundesministerium für Bildung und Forschung zum Thema der Optimierung von Biogasanlagen unter Nutzung der Pflanzenkohle-Technologie eingereicht. Das Projekt wurde im Januar 2012 erteilt.
  10. Gemeinsam mit der Chambre d’Agriculture de Var wurde ein dreijähriges Projekt zur Begrünung in südfranzösischen Weinbergen sowie zum Humusaufbau vereinbart und bereits mit zwei großflächigen Feldversuchen auf Chateau Duvivier begonnen.
  11. Das Delinat-Institut hat 2011 zwei Masterarbeiten der Universität Tübingen sowie eine Masterarbeit der Hochschule Basel betreut. Mehrere Studienpraktika wurden am DI durchgeführt. Eine Promotionsarbeit der Universität Hohenheim zum Kupferentzug in Weinbergsböden wurde im Herbst 2011 am DI begonnen. 

 

Publizistik, Vorträge, Führungen

  1. Das wichtigste Publikationsorgan für unsere Forschungsarbeiten ist das vom DI herausgegebene Ithaka-Journal. Im Jahr 2011 wurden 28 Artikel veröffentlicht, wobei etwa die Hälfte in direktem Bezug mit unseren eigenen Forschungsarbeiten steht.
  2. In verschiedenen Fachzeitschriften der Schweiz, Deutschlands, Österreichs und Frankreichs hat das DI Fachartikel über die Ergebnisse seiner Arbeit veröffentlicht.
  3. Im Fernsehen (SF-Einstein), Radio (WDR) und Zeitschriften wurde über die Arbeit des DI berichtet.
  4. Mitarbeiter des DI haben 2011 rund 30 Fachvorträge in Schweiz, Österreich, Frankreich, Deutschland, Holland und Italien gehalten (u.a.: http://www.delinat-institut.org/seminare-events.html).  
  5. Am Standort des DI im Wallis wurden ca. 25 Fachführungen und öffentliche Führungen durchgeführt.